Wie ein neuer Kite entsteht – Der Ventus

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Der Sommer ist vorbei und der Winter lässt noch auf sich warten. Die beste Zeit also um die neuen Kites für die kommende Saison zu nähen. Testberichte lesen, Videos anschauen und Meinungen im Forum zu sammeln ist nicht so mein Ding, lieber bestimme ich selber die Flugeigenschaften und entwickle den Kite nach meinen eigenen Vorstellungen.

Um ein bisschen Neugier für diesen alternativen Weg zu wecken, werde ich hier in lockerer Reihenfolge über die Entwicklung und den Bau meiner neuen Kiterange berichten.
Angefangen beim Design am Computer, über die Materialauswahl, den Bau und schließlich die ersten Flüge. Alles nicht so schwierig wenn man weiß wie es geht und Spaß am Selbermachen hat 🙂

Teil 1 – Kite Design

Als Ausgangsbasis habe ich mit dem Diskus einen gut funktionierenden Kite, den ich weiter verbessern werde. Das Konzept hat sich bewährt: Einfacher Aufbau als One-Strut Kite mit gutmütigen Flugeigenschaften zum Freeriden, Snowkiten und einfach Spaß haben.

Ventus_M_perspective

Der Nachfolger Ventus soll noch etwas direkter und agiler werden, mit einem noch größeren Depowerweg. Die Größen unter 8qm benötigen auch eine stabilere Tube für starken Wind und schwere Fahrer.

Über den Onlineshop von Extremtextil.de ist endlich auch Dacron von Dimension Polyant in unterschiedlichen Farben zu bekommen, so dass die Kites auch bunter und haltbarer werden.

Die Arbeit beginnt immer am Computer mit der Erstellung eines 3D Modells des Kites. Alle Durchmesser, Winkel und Nahtverläufe müssen sehr genau festgelegt werden, denn sie bestimmen die Flugeigenschaften.
Auch bei einem vergleichsweise einfachen Kite wie dem Ventus M in 10qm sind über 100m Nahtverlauf zu berechnen.

Ohne geeignete Softwareunterstützung ist das nicht möglich. Es gibt dafür professionelle Programme die auch von den Kiteherstellern verwendet werden. Für die Lizenzkosten bekommt man aber jährlich eine komplett neue Kiterange, für den Privatgebrauch ist das daher keine Option.

Alternativ kann auch eine 3D CAD Software mit einer Abwicklungsfunktion verwendet werden, erfordert aber viele Anpassungen und manuelle Arbeiten, so dass es damit sehr mühsam und zeitaufwendig ist die Schnittmuster zu erstellen.

Ich verwende meine in den letzten Jahren selber entwickelte Software WingCalc mit der ich die virtuellen 3D Modelle der Kites erzeuge und daraus dann die 2D Schnittmuster berechne.

Für den Ventus habe ich gegenüber dem Vorgänger Diskus folgende Änderungen vorgenommen:

  • Rückpfeilung der Fronttube reduziert, so dass die Tips weiter nach vorne kommen (direkteres Flugverhalten)
  • Anzahl der Segmente pro Seite erhöht (rundere Form)
  • Durchmesser der Fronttube an den äußeren Segmenten erhöht (mehr Stabilität)
  • Spannweite und Streckung erhöht (mehr Performance und Depower)
  • Profildicke im Center um 1% erhöht (besseres Lowend)
  • Durchmesser des Struts erhöht (schnellerer Wasserstart)

Zusätzlich konnte ich einige der neuen Features der Software einsetzen. So bekommt der Ventus an den Enden der Fronttube ein kurzes Segment, das den Durchmesser stark reduziert und damit die Gefahr von Leinenverhängern mindert.

Mit der „Kite-Diff Funktion“ können Änderungen durch einen direkten Vergleich zweier 3D Modelle sehr gut sichtbar gemacht werden, das spart viel Zeit bei der Entwicklung.


Jede Größe des Ventus wird individuell entwickelt und die Parameter (z.B. Tubedurchmesser, Profil, Verlauf der Fronttube etc.) an die Kitegröße angepasst. Werden die Kites einfach nur skaliert, leiden darunter die Flugeigenschaften und die Stabilität.

Entspricht das 3D Modell meinen Vorstellungen wird daraus eine DXF Datei mit den 2D Schnittmustern erzeugt. Die Schnittmuster enthalten sämtliche Nahtzugaben, Markierungen und Beschriftungen und können mit einer CAD Software bei Bedarf nachbearbeitet, ausgedruckt, geplottet oder als PDF gespeichert werden.

Spätestens wenn die Schnittmuster ausgedruckt sind beginnt die Materialauswahl. Welche Materialien verwendet werden, worauf bei der Auswahl geachtet werden muss und wo sie erhältlich sind beschreibe ich in Teil 2.

Und sobald die Entwicklung der unterschiedlichen Größen des Ventus angeschlossen ist werden ich die Baupläne für den Nachbau verfügbar machen.